- polynesische Religionen.
-
Vor der christlichen Missionierung waren die religiösen Gemeinschaften identisch mit Verwandtschaftsgruppen. Deshalb unterscheiden sich die religiösen Traditionen Polynesiens sogar auf größeren Inseln. Wesentliche Elemente der polynesischen Religionen waren Plätze im Freien (Marae) als rituelle Zentren und die Ahnenverehrung. Männliche und weibliche Priester (Tohunga) waren spezialisiert auf rituelles Handeln, Heilen, Weissagen, Totenbeschwörung, Zauber und Gegenzauber. Die religiösen Lehren handeln von den Atua genannten Göttern oder Herrschern über die Lebensbereiche der Menschen, z. B. vom Schöpfergott (Tangaroa), vom Gott des Waldes (Tane), des Wetters (Tawhirimatea), des Krieges (Tu), des Friedens und der Landwirtschaft (Rongo); auch menschliche Erstgeborene (Rangatira, mit »Adel« ungenau übersetzt) heißen Atua. Eine wichtige Rolle spielt die Vorstellung von der als numinose Macht erfahrenen Kraft Mana. Religiöses Handeln sollte u. a. Mana erhalten und stärken. Das Handeln des Einzelnen betraf immer auch die Gemeinschaft. Deshalb war das Leben durch Tabu oder Tapu (ein sakraler Meidungsbegriff) genau geregelt. Ein spezielles Tabu befähigte zeitweilig zu besonderen Aufgaben (Feldbestellung, Totenbestattung u. a.). Danach wurde es durch die Gegenkraft Noa wieder aufgehoben. - Außer den bis heute wirksamen alten Stammesreligionen und dem Christentum, dem inzwischen die Mehrzahl der polynesischen Bevölkerung zugehört, gibt es zahlreiche neue Religionen, z. B. die Hapu-Religion und die Kaoni-Bewegung auf Hawaii, die Ivi-Atua-Religion auf der Osterinsel, die Pai-Marire (Hau-Hau-Bewegung) auf Neuseeland, in denen in Auseinandersetzung mit der europäischen Zivilisation und dem Christentum die alten Traditionen neu belebt werden.
Universal-Lexikon. 2012.